Im vierten Beitrag geht es um die Jahre zwischen der gescheiterten Revolution 1848/49 und der Reichsgründung 1871.
Deutschland, 1850er Jahre. In Preußen regiert Friedrich Wilhelm IV., in Österreich Kaiser Franz Joseph I. (1848-1916).
Die Zeit der Reaktion
Der Sieg der Reaktion hatte schwerwiegende Folgen. Nun wurde die Presse erneut streng zensiert, Versammlungen wurden verboten und Demokraten mussten mit Hausdurchsuchungen, Bespitzelung, Beschlagnahmung, ja sogar mit Polizeischikanen und Verhaftung rechnen.
Nach der Niederschlagung des badisch-pfälzischen Aufstands war Wilhelm zum Militärgouverneur am Rhein und in Westfalen ernannt worden. Die Jahre von 1850-58 verbrachte er mit seiner Frau Augusta in Koblenz. Hier fand er zu einer gemäßigt-konservativen Haltung, und auch liberal denkende Menschen hofften auf ihn.
Unionspläne
Die Krone aus der Hand des Volkes hatte König Friedrich Wilhelm IV. abgelehnt, die Reichseinigung aber wollte er nicht aufgegeben. Im Gegenteil, unter seiner Führung sollte eine Union der deutschen Staaten entstehen, in der sich die Herrscher aus freiem Willen zusammenschlossen. Um diesen Staat sollte sich dann ein weiterer Bund bilden, der Österreich und seinen nichtdeutschen Länder einschloss.
In Erfurt tagte schon ein „Parlament der deutschen Union.“ Doch Österreich und eine Anzahl anderer Staaten wollten keinen von Preußen dominierten Bund. Als auch Russland dagegen Front machte, musste der Preußenkönig erst einmal klein beigeben. Mit der Olmützer Punktation vom 29. November 1850 bestätigte Friedrich Wilhelm IV., dass sich Preußen wieder in den Deutschen Bund einreihen würde.
In seinen letzten Lebensjahren erlitt der König mehrere Schlaganfälle und konnte seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. 1858 dankte er zugunsten seines jüngeren Bruders ab, und Wilhelm übernahm als Prinzregent die Regierungsgeschäfte.
König Wilhelm I.
Nach dem Tod seines Bruders 1861 wurde Wilhelm in Königsberg zum König von Preußen gekrönt. Er berief liberale Minister, das weckte Hoffnungen. Doch zugleich plante er eine Heeresreform, die nicht nur eine Erhöhung der Friedensstärke des preußischen Heeres vorsah, sondern auch eine Stärkung des Feldheers mit seinen meist adligen, konservativen Offizieren, die auf den König vereidigt waren. Die Reform ging also zulasten der Landwehr mit ihren überwiegend bürgerlichen Offizieren, die auf die Verfassung vereidigt waren.
Doch zunächst musste das Parlament den Verteidigungshaushalt bewilligen. Das Herrenhaus stimmte zu, doch das Abgeordnetenhaus war nur bereit, die Erhöhung der Friedensstärke mitzutragen. Bald spitzte sich der Konflikt so zu, dass Wilhelm an Abdankung dachte. In dieser Situation kam es wenig später zur ersten Begegnung mit Bismarck im Schloss Babelsberg.
Otto von Bismarck
Bismarck war seit 1847 konservativer Abgeordneter im preußischen Landtag und preußischer Gesandter am Bundestag in Frankfurt. Schon damals hatte sich seine politische Meisterschaft gezeigt. Offen vertrat Bismarck seine Grundhaltung: Österreich, der Vielvölkerstaat, sollte dem überwiegend deutschen Preußen die Vorrangstellung in Deutschland abtreten. Bismarck, entschlossen, „die Macht der Krone gegen das Parlament zu behaupten“, war Wilhelms einzige Chance, seine Heeresreform durchzubringen und überhaupt mit Autorität weiter zu regieren. 1862 ernannte ihn Wilhelm zum Ministerpräsidenten.
Deutsch-Dänischer Krieg (1864)
Als Dänemark Schleswig annektieren wollte, kämpften Preußen und Österreich gemeinsam und besiegten die Dänen bei den Düppeler Schanzen. Dänemark musste Schleswig-Holstein und Lauenburg als gemeinsamen Besitz an Österreich und Preußen abtreten. Doch über die Verwaltung der beiden Herzogtümer gab es bald Streit. Bismarck war nun zum Krieg entschlossen, obwohl sein König den drohenden „Bruderkrieg“ nicht wollte. Nur durfte Preußen nicht als Aggressor dastehen.
Bismarck stellte beim Frankfurter Bundestag den Antrag, ein deutsches Parlament in direkter, allgemeiner und gleicher Wahl zu berufen. Auch wenn es so klingt – der entschiedenste Gegner der Revolutionäre von 1848/49 hatte sich nicht ihre Forderungen zu Eigen gemacht. Vielmehr war es ein taktisches Manöver, denn der Vielvölkerstaat Österreich konnte diesem Antrag nicht zustimmen.
Deutscher Krieg (1866)
Doch Kaiser Franz Joseph in Wien ließ sich provozieren, und nun ergab eine Handlung die nächste. Preußische Truppen marschierten in Holstein ein, das unter österreichischer Verwaltung stand, daraufhin ordnete der Bundestag ordnete die Mobilmachung des Bundesheeres an. Preußen trat aus dem Deutschen Bund aus.
Preußische Truppen marschierten in Sachsen, Hannover und Hessen ein; auch die mit Österreich verbündeten Mittelstaaten wurden schnell besiegt. Bei Königgrätz in Böhmen wurde das österreichische Heer entscheidend geschlagen. Im Frieden von Prag 1866 musste Österreich der Auflösung des Deutschen Bundes zustimmen; es verlor Schleswig-Holstein an Dänemark und Venetien an Italien. Hannover, Kurhessen, Nassau und die freie Reichsstadt Frankfurt fielen an Preußen. Österreich selbst orientierte sich nun nach Südosten und wurde zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn.
Norddeutscher Bund (1867)
Damit waren die östlichen und westlichen Provinzen Preußens verbunden, und Preußen hatte ein geschlossenes Staatsgebiet in Norddeutschland bis hinab zum Main. Die restlichen selbständigen Staaten nördlich des Mains schlossen sich 1867 mit Preußen zum Norddeutschen Bund zusammen. Bismarck selbst entwarf die Verfassung; 1871 wurde sie für das Reich fast unverändert übernommen.
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