Ganz am Ende der Eisenzeit werden die historischen Ereignisse um die römische Expansion am Rhein greifbarer, auch wenn wir sie nur aus römischen Quellen kennen. Caesar, der römische Truppen erst an den Rhein brachte, Agrippa, Drusus, Tiberius und auf der Gegenseite Arminius.
Eisenzeit und klassische Antike
Wenn wir von diesen Jahrhunderten in Mitteleuropa sprechen, gebrauchen wir den Begriff Eisenzeit aus der Archäologie. Archäologisch ist sie gut dokumentiert, doch schriftliche Quellen fehlen. Die römischen Geschichtsschreiber berichten erst später über diese Regionen.
Zugleich stiegen in anderen Teilen der Welt große Reiche und Kulturen auf, von denen uns viel überliefert ist. Hierfür gibt es die historischen Epoche der Klassischen Antike. Sie konzentriert sich auf das antike Griechenland (ca. 800 – 31 v. Chr.) und das Römisches Reich (ca. 753 v. Chr. – 476 n. Chr.
Kelten, Germanen und Römer
Um 200 v. Chr. erreichte die keltische Welt ihre größte Ausbreitung: von Britannien bis ans Schwarze Meer leben unterschiedliche Völker keltischen Ursprungs. Süddeutschland war ein Zentrum keltischer Zivilisation, mit bedeutenden Städten wie Manching, einer blühenden Handesmetropole, einer ersten großen Stadt in Deutschland. In der späte Latènezeit (ca. 120 v. Chr. – 1. Jahrhundert v. Chr.) kam es zunehmend zu politischen und militärischen Auseinandersetzungen mit den Römern, die von Süden vordrangen.
Die Germanen traten erst später in den Fokus der römischen Historiker. 113-101 fielen die Kimbern und Teutonen im Römischen Reich ein. Ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. siedelten germanische Stämme wie die Ubier und Sugambrer am Rhein. Obwohl sie eine andere Kultur repräsentierten als die Kelten, gab es in dieser Zeit eine Überlappung ihrer Siedlungsgebiete. Konflikte und Allianzen mit den Römern prägten diese Phase.
Caesar und der Beginn der römischen Präsenz am Rhein
Mit dem Gallischen Krieg (58–51 v. Chr.) führte Julius Caesar erstmals römische Truppen an den Rhein. Während dieser Zeit unternahm er auch zwei Feldzüge über den Rhein (55 und 53 v. Chr.), um germanische Stämme einzuschüchtern und seine Macht zu demonstrieren. Caesar errichtete dabei beeindruckende Brücken, die die technische Überlegenheit der Römer demonstrierten.
Nach seinem Sieg über die keltischen und germanischen Stämme Galliens wurde der Rhein zur Grenze zwischen dem Römischen Reich auf der linken und dem freien Germanien, „Germania Magna“, auf der rechten Rheinseite. Das linksrheinische Gebiet wurde Militärgebiet.
Danach verschwand Germanien für einige Zeit aus dem Blickfeld der römischen Geschichtsschreiber, denn in den folgenden Jahren ging es vor allem um den Machtkampf in Rom. Nach der Ermordung Caesars 44 v. Chr. war ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Caesars Getreue Octavian und Marcus Antonius waren zunächst gemeinsam gegen die Mörder Brutus und Cassius gezogen, doch einige Jahre später führten sie Krieg gegeneinander. Octavian siegte, unterstützt von seinem Feldherrn und engen Vertrauten Marcus Vipsanius Agrippa. Danach wurde Agrippa Statthalter in Germanien. Erst jetzt hören wir wieder von den Geschehnissen am Rhein.
Agrippa und die Ubier (ab 38 v. Chr.)
Das linke Rheinufer war römischer Militärbezirk. Hier ließ Agrippa Legionslager und Heerstraßen bauen. Auf der rechten Seite lebten die germanischen Ubier, die wegen ihrer romfreundlichen Haltung von anderen Germanen bekämpft wurden und arg bedrängt waren. Agrippa griff mit seinen Truppen ein, danach siedelte er die Ubier auf dem linken Rheinufer an. Von Aachen bis hinunter ins Ahrtal entstanden Ubier-Siedlungen, unter ihnen Bonn und um 38 v. Chr. die wohl bekannteste: „oppidum ubiorum“, später Colonia Claudia Ara Agrippinensium, heute Köln.
Legionslager am Rhein
Nach einer verheerenden Niederlage des Feldherrn Lollius gegen die germanischen Sugambrer 15 v. Chr., bei der sogar der Adler der Legion V. Alaudae verloren ging, entschloss sich Kaiser Augustus in Rom zu einer Großoffensive – die römische Expansion am Rhein auf die rechte Rheinseite, ins feindliche Germanien begann. Die kaiserlichen Prinzen Drusus und Tiberius hatten schon den Alpenraum für ihn erobert. Nun sollten sie auch die Stämme zwischen Rhein, Elbe und Donau befrieden.
Der Kaiser reiste persönlich an den Rhein und kommandierte mehrere Legionen aus Gallia Belgica hierher. Legionslager entstanden: Bonna/Bonn (um 11 v. Chr. von den Legionären des Drusus gegründet), Asciburgium/Moers-Arsberg, Castra Vetera/Xanten, Ulpia Noviomagus Batavorium/ Nimwegen und Mogontiacum/Mainz. Zur Rheinarmee gehörten die Legionen I Germanica, V Alaudae, XVII, XVIII und XVIIII. Ein Jahr später begann der Aufbau der Classis Germanica, der Rheinflotte. Im Norden, bis ins heutige Holland, ließ Drusus Kanäle und Dämme bauen. Das Land entlang des Rheins war nun römischer Militärdistrikt, Germania Inferior und Germania Superior.
Germanien-Feldzüge unter Drusus und Tiberius
In den folgenden Jahren (12-9 v. Chr.) zogen Truppen unter Drusus vom Rhein aus die Lippe entlang und über die Nordsee ins Innere Germaniens und eroberten es bis zur Elbe. Nach Drusus‘ Tod übernahm Tiberius das Oberkommando und sicherte die eroberten Gebiete (9-8 v. Chr.) 40.000 Sugambrer wurden auf der linken Rheinseite angesiedelt.
Schon in den Jahren 1-4 v. Chr. kam es zu Aufständen in den eroberten Gebieten; römischen Quellen sprachen von einem „immensum bellum“ in Germanien. Tiberius besiegte die Cannanefates, Attuarier und Brukterer und sicherte die Grenze durch einen Vertrag mit den Cheruskern (4-6 n. Chr.) Seit der Entdeckung von Waldgirmes wissen wir, dass es schon damals zivile römische Siedlungen in Germanien gab und eine Infrastruktur aufgebaut werden sollte.
Um 6/7 n. Chr. schien Germanien besiegt; nur das Markomannen-Reich im Osten war noch selbständig. Obwohl sein König Marabodus Rom freundlich gesinnt war, wollte Kaiser Augustus auch sein Reich unterwerfen. Tiberius zog mit einem gewaltigen Heer in den Krieg, mit dabei waren Legionen aus Germania Superior und Germania Inferior. Dann zwang ein Aufstand in der Provinz Pannonien zum Abbruch des Feldzugs.
Varus-Schlacht – die Katastrophe im Teutoburger Wald
„Germania capta“ – Germanien war erobert, ließ Kaiser Augustus in Rom auf Münzen schlagen. Er ernannte Quinctilius Varus zum Statthalter in Germanien und trug ihm auf, in Germanien römisches Recht und römische Steuern durchzusetzen.
Doch dann änderte die vernichtende Niederlage der Römer im Teutoburger Wald im Jahre 9 n. Chr. alles. Vier Tage und drei Nächte dauerte die Schlacht, dann hatten Arminius und seine Germanen gesiegt. Drei Legionen, XVII, XVIII, XIX, sechs Kohorten, weitere Hilfstruppen und ihr Tross waren vernichtet.
Die meisten Historiker und Archäologen gehen heute davon aus, dass Kalkriese der Ort der Varusschlacht war. Doch auch im Rheinischen Landesmuseum in Bonn rückt sie ganz nah. Dort steht der Grabstein von Marcus Caelius. Genau gesagt ist es ein Kenotaph, eine leeres Grabmal, ein Ehrengrabmal für einen in der Ferne Verstorbenen, dessen Leichnam nie gefunden wurde. Caelius’ Bruder in Bonn hat den Stein errichtet.
Der Caeliusstein
Unter den Toten war auch Marcus Caelius, Centurio der XVIII. Legion. Auf dem Stein sehen wir einen hochdekorierten Centurio mit seinen beiden Freigelassenen. Die Centurionen waren das Rückgrat der Legionen. Anders als die Stabsoffiziere, die aus dem Ritterstand oder Senatorenstand kommen mussten, kamen die Centurionen aus der Mannschaft. Der Centurio iwar direkter Vorgesetzter seiner Mannschaft, und ihnen auch in einer Schlacht nah. Caelius war Centurio ersten Ranges, in der 1. Kohorte der XVIII. Legion, das ist ein besonders prestigeträchtiger Rang.
Damals war er etwas über 50, und da er viel Ehrenzeichen trägt, hat er bestimmt viel erlebt und wurde mehrfach ausgezeichnet. Doch in diesem Herbst des Jahres 9 im Wald ging alles zuende. Man weiß nicht, was mit ihm passiert ist. Jahre später kam Germanicus mit seinem Heer zum Ort der Schlacht, und ließ Gräber ausgeheben. Vielleicht liegt Caelius hier.
Der Caeliusstein ist eine eindrucksvolle, aber auch bedrückende Erinnerungen an diese Zeit und das Leid, das damit verbunden war. Solche Funde zeigen die menschliche Seite der Geschichte und machen das Schicksal der Menschen damals greifbar.
„(Ce)cidit bello Variano – Er fiel im Varuskrieg“ heißt es auf dem Stein. Für Archäologen und Historiker liegt die besondere Bedeutung des Steins darin, dass er die Existenz und den Untergang der 18. Legion bestätigt. Die Entdeckung der Kalkriese-Stätte und ihrer Funde hat natürlich weitere Beweise für die Schlacht geliefert, aber der Caeliusstein bleibt einzigartig als zeitgenössisches Zeugnis eines Beteiligten.
Arminius
Was mag den römischen Offizier Arminius bewogen haben, sich gegen seine früheren Herren zu stellen? Seine Beweggründe sind bis heute ein großes Rätsel und Gegenstand vieler Spekulationen. Einige Faktoren scheinen jedoch eine Rolle gespielt zu haben:
Arminius war selbst als junger Mann römischer Offizier und stieg bis zum Ritterrang auf. Er kannte das römische Militär und die römische Verwaltung sehr gut, was ihm einerseits Vorteile brachte, ihn aber vielleicht auch die harte Behandlung der germanischen Stämme durch die Römer und speziell dann durch Varus erleben ließ. Sein Ehrgeiz, unter den germanischen Fürsten als Führer angesehen zu werden, könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Vielleicht sah er sich als Verteidiger der germanischen Freiheit. Als fähiger Anführer und Militär erkannte er vielleicht eine günstige Gelegenheit, als er sah, dass Varus seine Truppen tief ins germanische Gebiet führte und weniger kampferfahrene Soldaten dabei hatte. Ein gut geplanter Hinterhalt in schwierigem Gelände bot die Möglichkeit, eine deutlich überlegene römische Streitmacht zu besiegen.
Letztlich bleibt vieles offen, aber Arminius war wohl eine Mischung aus einem militärischen Taktiker, einem ehrgeizigen Anführer und einem Verteidiger der Freiheit seines Volkes – aus seiner Perspektive gesehen. Er hatte die römische Expansion am Rhein zum Halten gebracht.
Germanicus‘ Feldzüge (13-16)
Tiberius zog acht Legionen an die Rheingrenze, und das war die größte Truppenansammlung, die es wohl je an einer römischen Grenze gab. Da war das Niedergermanische Heer mit den Legionen I Germanica, XX Valeria Victrix, V Alaudae und XXI Rapax und das Obergermanische Heer mit den Legionen II Augusta, XIII Gemina, XIIII Gemina und XVI Gallica. Den Oberbefehl erhielt der Feldherr Germanicus, Drusus‘ Sohn. Köln war Garnisonsort; hier waren die Legio I Germanica und die Legio XX Valeria Victrix stationiert. Auch Germanicus’ Stabsquartier befand sich dort. Gut möglich, dass für Teile des Lagers Trachyt vom Drachenfels verwendet wurde.
Mit dieser gewaltigen Streitmacht zog Germanics gegen die Germanen. Es kam zu mehreren Schlachten, großen Verlusten und großen Verheerungen, doch ein entscheidender Sieg über Arminius gelang nicht.
Nach Augustus‘ Tod wurde Tiberius Kaiser (14-37 n. Chr.) Er entschied, den Krieg zu beenden und die Germanen ihrem eigenen Zwist zu überlassen. Damit gab er die römische Expansion am Rhein auf, der Rhein blieb die militärische Grenze des Römischen Reiches. Die Römer richteten sich auf eine lange Präsenz entlang des Flusses ein, mit mächtigen Legionslagern, Siedlungen und einem ausgebauten Straßennetz.
Römerzeit
An der Grenze des Römischen Reiches (Intro) | Römische Expansion am Rhein | Germania Inferior | Römische Steinbrüche am Drachenfels | Die „Bonner Legion“ I Minervia | Grenzgebiet und Römische Bürgerschaft | Franken und Alamannen | Das Ende der Römerzeit am Rhein | Weihesteine für die Aufanischen Matronen
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