Im ersten Beitrag „Rheinprovinz – der Preußische Staat rettet den Drachenfels“ geht es um Rheinromantik, Eisenbahnlinien und Steinbrecher.
„Jesses, Maria, Josef! Do hirohde mer in en ärm Famillich!“ – so kommentierte der Kölner Bankier Schaaffhausen die Entscheidung des Wiener Kongresses, das Rheinland an den König von Preußen zu geben.
Und doch bewilligte die „ärm Famillich“ später 10.000 Taler für die Erhaltung des Drachenfelses.
Zwei unterschiedliche Landesteile unter einer Krone
In Kleve, das lange vor der Franzosenzeit zu Preußen gehört hatte, und in überwiegend protestantischen Gebieten überwog die Freude; bei den Katholiken im Erzbistum Köln die Skepsis. Auch wenn man nicht von einer grundsätzlichen Ablehnung oder gar Feindschaft sprechen kann, waren sich beide Seiten doch fremd. Viele gebildete Rheinländer, stolz auf ihre Jahrtausende alte Kultur, konnten mit dem ostelbischen Preußen und dem als typisch preußisch empfundenen Militär und Beamtentum wenig anfangen.
Auch König Friedrich Wilhelm III. war zunächst wenig erbaut über seine neuen Gebiete am Rhein, und mit der Art der Rheinländer konnte er wenig anfangen. Im Gegenteil, sie waren ihm sogar suspekt, denn sie waren mehr als andere durch die Franzosenzeit geprägt und verteidigten die napoleonische Gesetzgebung als „Rheinisches Recht“ gegen den preußischen Staat, der die Reformer zunehmend entmachtete oder gar entließ. 1818 lenkte Friedrich Wilhelm III. schließlich ein. Im neuen „Rheinpreußen“ wurde das Allgemeine Preußische Landrecht nur in den rechtsrheinischen altpreußischen Gebieten wieder eingeführt. In den übrigen Gebiete wurde das „Rheinische Recht“ im Wesentlichen beibehalten.
Verwaltungsaufbau
Die preußische Regierung baute eine neue Verwaltung auf. Zuerst gab es zwei Provinzen: Jülich-Kleve Berg und Niederrhein. Am 20. April 1816 entstand der Sieg-Kreis. 1822 wurden die beiden Provinzen zur „Rheinprovinz“ zusammengeschlossen, an ihrer Spitze stand der Oberpräsident in Koblenz.
Für den Bau der Festung Ehrenbreitstein oberhalb von Koblenz wurden erneut Steine von der ehemaligen Klosterkirche in Heisterbach gebrochen, bis der Oberpräsident 1818 den weiteren Abbruch verbot.
Eine Chance auf Bildung
Damals konnten 3/4 der Menschen weder lesen noch schreiben. Hier verdankt unsere Region dem preußischen Staat viel: Nun bekam jeder die Chance zu lernen, die Dorfschulmeister wurden anerkannt und gut ausgebildet. Doch in vielen Bauern- und Arbeiterfamilien herrschte so große Not, dass die Kinder mitarbeiten mussten und nicht zur Schule gehen konnten.
1818 stiftete Friedrich Wilhelm III. die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn.
Rheinromantik
Damals entdeckt man den Charme des Rheintals mit seinen steilen Hängen, den Burgen und Weinbergen. Aus jener Zeit sind romantische Bilder überliefert, auf denen die Landschaft besonders wild und geheimnisvoll wirkt. Menschen aus den In- und Ausland bereisten das Rheinland und schwärmten davon. Unter ihnen war 1816 der ebenso berühmte wie skandalumwittertete Lord Byron aus England; er widmet dem Drachenfels sogar das Gedicht „Der turmgekrönte Drachenfels“.
In den 1820er Jahren sah man die ersten Dampfschiffe auf dem Rhein; schon 1825 gab es Linienverkehr von Köln nach Rotterdam und bis in die Schweiz. Auch König Friedrich Wilhelm III. machte im September 1825 eine Dampferfahrt auf dem Rhein, um das Eis zu brechen.
Der romantische Kronprinz Friedrich Wilhelm
Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. hatte eine romantische Ader, er schwärmte für das Mittelalter und die Herrlichkeit der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Nach dem Sieg über Napoleon besuchte er das Rheintal und kam zweimal, 1815 und 1817, zum Drachenfels.
Das brachte die Koblenzer auf eine Idee. Sie schenkten ihm das arg beschädigte Schloss Stolzenfels und hofften, dass er Mittel und Wege finden würde, es wieder aufbauen zu lassen. In der Tat ließ König Friedrich Wilhelm III. es von Karl-Friedrich Schinkel neu gestalten. Diesem begnadeten Architekten und Maler verdanken wir nicht nur zahlreiche Gebäude des klassischen Berlins; er hat sich auch um kleine und große Gebäude und Denkmäler in ganz Preußen verdient gemacht, so auch um den Kölner Dom und eben Schloss Stolzenfels.
Bald waren viele Burgen am Rhein in der Hand der Hohenzollernfamilie, u.a. Stahleck, Rheinfels, Rheinstein, der Rolandsbogen und die Godesburg. Der spätere Kaiser Wilhelm I. bekam in Rolandseck sein Palais mit seinem eigenen Gleisanschluss gebaut.
Eisenbahnlinien
Bald nach der ersten Eisenbahnlinie in Deutschland 1835 von Nürnberg nach Fürth entsteht auch im Rheinland eine Eisenbahnlinie nach der anderen: 1838 Düsseldorf – Erkrath, 1841 Köln-Aachen, 1844 Bonn-Köln, 1844/45 Köln-Bonn-Koblenz.
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