Burgen und Rheinzölle

Bonner Zollstation am Rhein, Siebengebirge im Spätmittelalter, Kurfürsten und Könige
Bonner Zollstation am Rhein

Am Rhein, einer der wichtigsten Handelsrouten des Mittelalters, drängten sich gleich vier Kurfürsten: der Kölner, der Mainzer, der Trierer und der Pfalzgraf bei Rhein. Dazu viele kleinere Grafen und adlige Herren. Sie alle hatten die Rheinzölle als Einnahmequelle für sich entdeckt.

Das war gut möglich, denn so wichtig der Rhein als Verkehrsweg war, so schwierig war der Mittelrhein für die Schiffer damals. Es gab keine durchgehende Fahrrinne, dafür aber zahlreiche Untiefen und Strömungen.>

Kölner Interessen am Mittelrhein

Unsere Region liegt ganz am nördlichen Ende des Mittelrheintals, mittelalterlich gesprochen an der Südgrenze des Machtbereichs der Kölner Erzbischöfe. Gleich drei Burgen hatten sie zum Schutz der Grenze erbauen lassen: 1118 Burg Wolkenburg,  1127-31 Burg Rolandseck, und 1147-67 Burg Drachenfels.

Auch am Oberen Mittelrhein wollten die Kölner Erzbischöfe ihren Einfluss ausdehnen. Schon vor 1135 hatten sie Burg Stahleck oberhalb von Bacharach erbaut, danndie Burg Rheineck über Bad Breisig erobert, und um 1156/1164 oberhalb von Bacharach-Steeg die Burg Stahlberg errichtet. Dabei war der amtierende Pfalzgraf Konrad der Staufer zunächst ins Hintertreffen geraten.

Auch Trierer Erzbischöfe mischten mit. Zwar lag der Mittelrhein im östlichen Grenzbereich des Erzstift, doch hier ging es um Macht und handfeste wirtschaftliche Interessen, dazu gehörten auch Rheinzölle. Um 1160 erwarben die Trierer Erzbischöfe die Burg Ehrenbreitstein und bauten sie aus. Von hier aus suchten sie möglichst viele Burgen unter ihre Lehnsherrschaft zu bringen. Die Mainzer Erzbischöfe galten formal als die ranghöchsten im Reich, doch als Burgenbauer und Zollherrn wurden sie erst später.

Eine heimliche Hochzeit auf Stahleck

Burg Stahleck, ursprünglich ein Lehen der Kölner Erzbischöfe, wurde 1189 von Kaiser Barbarossa, einem engen Verwandten des Pfalzgrafen Konrad, in ein Erblehen umgewandelt.

1194 fand hier eine Hochzeit statt: Konrads Tochter Agnes heiratete Heinrich, den ältesten Sohn Heinrichs des Löwen aus der Familie der Welfen. Es war eine Liebesheirat und sie fand in aller Heimlichkeit statt, denn die beiden Familien waren verfeindet, und Kaiser Heinrich VI. hatte andere Heiratspläne für Agnes.

Nach dem Tod Konrads 1195 wurde Heinrich Pfalzgraf. Doch dann stürzte der plötzliche Tod des Kaisers 1197 das Reich ins Chaos; ein Jahr später brach der Thronkrieg aus zwischen dem jüngeren Bruder des Kaisers, Philipp von Schwaben, und dem jüngerem Bruder des Pfalzgrafen, Otto von Braunschweig-Poitou. Pfalzgraf Heinrich trat 1212 die Pfalzgrafenwürde an seinen Sohnes Heinrich d.J. ab, doch der verstarb schon 1214 kinderlos.

Burg Stahleck, Bacharach
Burg Stahleck, Bacharach

Nun belehnte Friedrich II. den Wittelsbacher Ludwig mit der Pfalzgrafschaft, ihr Sitz war Stahleck. Fortan stammten die Pfalzgrafen stets aus dem Haus der Wittelsbacher, später gehörten sie zu den sieben Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches.

Ehrenfels

Während des Thronkrieges hatte Pfalzgraf Heinrich das Mainzer Erzstift angegriffen, vielleicht als Reaktion darauf bauten die Mainzer Burg Ehrenfels auf halber Berghöhe zwischen Rüdesheim und Assmannshausen.

Die Marksburg

Die Marksburg oberhalb von Braubauch ist die einzige nie zerstörte Burg am Mittelrhein. Obwohl sie erstmals 1231 in den historischen Urkunden erwähnt ist, kann man davon ausgehen, dass sie schon vor 1219 existierte. Zum Zeitpunkt dieser ersten Erwähnung war sie ein Lehen des Pfalzgrafen an die Herren von Eppstein, sie zum Ende des 12. Jahrhunderts zu einer der mächtigsten Familien des Hochmittelalters aufstiegen. Im 13. Jahrhundert stellten sie allein vier Mainzer Erzbischöfe. Nun waren die Herren von Eppstein drauf und dran, in Braubach Zoll zu erheben.

Fürstenberg, Lahneck und Stolzenfels

Rund um die Mündung der Lahn in den Rhein, stießen die Interessen der Erzstifte Köln, Trier und Mainz aufeinander. Engelbert I. von Berg, der mächtige und streitbare Kölner Erzbischof, wollte auch am Oberen Mittelrhein mitbestimmen, 1219 entstand bei Bacharach Burg Fürstenberg über Rheindiebach. Konrad von Hochstaden übertrug sie 1243 den Herren von Eppstein. In Oberlahnstein, einer kleinen Mainzer Exklave, entstand ab 1240 Burg Lahneck. Sie schützte die nahegelegenen Silberbergwerke der Mainzer, und war auch Residenz der Erzbischöfe. Die Trierer standen nicht nach. Um 1250 entstand auf halber Höhe über Koblenz-Stolzenfels Burg Stolzenfels.

Katzenelnbogen und Rheinfels

Am Oberen Mittelrhein um St. Goar herrschten die Grafen von Katzenelnbogen. Hier gab es Sandbänke im Strom. 1245 errichteten die Grafen Burg Rheinfels und erhoben Rheinzölle. Gemäß der zeitgenössischen Quelle, den Wormser Annalen, war es dreist, am gefährlichsten Punkt des Stromlaufs, noch dazu linksrheinisch, Rheinzölle zu erheben. Ein Jahr lang 1255/56 belagerte der Rheinische Städtebund Rheinfels vergeblich. Fortan galt Rheinfels als uneinnehmbar.

Bonner Zollstätte

Die Rheinzölle waren hochinteressant für den machtgierigen und gewaltbereiten Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (EB 1238-1261). An der 1244 neu errichteten Bonner Stadtmauer richtete er eine Zollstätte ein, doch ohne Autorisierung durch Kaiser Friedrich II., und damit war sie illegal. Das störte den Erzbischof freilich nicht, denn er hatte längst die Fronten gewechselt und war im „Endkampf“ zwischen dem Papst und dem Kaiser zum gefährlichsten Gegner der Staufer im Reich geworden.

Raubritterburgen Sooneck und Reichenstein

Im 13. Jahrhundert, nach dem Zerfall des Stauferreichs, herrschte vielerorts Gesetzloskeit und Chaos; Raubritter verbreiteten Schrecken.

Sooneck und Reichenstein am Oberen Mittelrhein, ursprünglich zum Schutz des Klosters Kornelimünster erbaut, entwickelten sich zu berüchtigten Raubritterburgen. Die adlige Zollvögte plünderten die umliegenden Dörfer und belästigten die Schiffer. Zur Strafe steckte der Rheinische Städtebund 1253 Reichenstein in Brand.

König Rudolf von Habsburg greift durch

Die chaotischen Zustände im Reich waren schließlich sogar den mächtigen Fürsten zu viel geworden. Einstimmig wählten sie 1273 Rudolf von Habsburg zum König. Er griff rigoros durch und zwang unter anderem den Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg, den illegal erhobenen Rheinzoll in Bonn niederzulegen und Schadensersatz zu leisten.

Doch die Burgherren von Sooneck und Reichenstein blieben Raubritter, und keiner konnte sie stoppen. 1282 belagerte König Rudolf die Burgen und zerstörte sie. Der Wiederaufbau von Sooneck und Reichenstein wurde verboten.

Stimmenhandel bei der Königswahl

Nach der Niederlage in der Schlacht von Worringen sah es lange nicht gut aus für den Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg. Doch dann spielte die Reichspolitik ihm in die Hände. König Rudolfs Versuch, seinen Sohn Albrecht zum Thronfolger wählen lassen, scheiterte; stattdessen wurde 1292 Adolf von Nassau gewählt, ein fast mittelloser Fürst. Der Kölner Erzbischof selbst hatte ihn vorgeschlagen, und als Dank bestätigte Adolf ihm dann für 15 Jahre den Bonner Zoll.

Doch als König wollte auch Adolf seine eigene Politik betreiben, und das ging nicht gut. Die Kurfürsten vereinten sich gegen ihn, setzten ihn ab und wählten 1298 Albrecht I. von Habsburg (1298-1308) zum König.

Der Kurfürstenkrieg

Erzbischof Wigbolt von Holte, Nachfolger Siegfrieds, hatte Albrecht I. ebenfalls gewählt. Als Dank, man könnte auch durchaus „Entlohnung“ sagen, erneuerte Albrecht den Bonner Zoll und wandelte ihn in ein dauerhaftes Regalrecht um. Dies war von großer Bedeutung, da der Bonner Zoll bis dahin nur als Neuerung galt, die ein Herrscher bestenfalls befristet geduldet hatte.

Als König wollte Albrecht die königliche Macht festigen und die Stellung der Habsburger innerhalb des Reiches stärken. Als er sich zur Durchsetzung seiner Interessen Hilfe vom französischen König Philipp IV. „dem Schönen“ holte, geriet er mit den rheinischen Kurfürsten aneinander.  Im Oktober 1300 taten sich die Kurfürsten von Mainz, Trier, der Pfalzgraf bei Rhein und der Kölner Kurfürst Wigbold von Holte zusammen und planten, Albrecht wieder abzusetzen. Der Kö­nig verbundete sich mit den Gra­fen von Jü­lich, Berg und Kle­ve, die dem wie­der er­star­ken­den Kölner Erzbischof misstrauten.

Nun begann ein „Zollkrieg“. Albrecht verbot alle Rheinzölle, die nicht von Kaiser Friedrich II. selbst verliehen worden waren. Dies schwächte den Erzbischof erheblich, während es die Position der Grafen stärkte, denn die hohen Kölner Rheinzölle belasteten den Handel der Grafen. Beide Seiten griffen zu den Waffen.  Nach mehreren Wochen der Verwüstung im Kölner Gebiet musste Wigbolt schließlich kapitulieren und im Friedensvertrag vom 24. Oktober 1302 auf viele seiner Zollrechte verzichten, darunter auch auf die Bonner Zollstation.

Mainzer Zollstelle am Binger Loch

Politisch und militärisch hatte Albrecht I. die Kurfürsten zwar besiegt, doch wirtschaftlich stand der Mainzer Erzbischof bald besser da, denn Albrecht war bei ihm verschuldet. Zwischen 1302 und 1307 ließ er eine Zollstelle an Burg Ehrenfels errichten, um mit den Einnahmen seine Schulden zu begleichen. Bis zu seiner Ermordung 1308 schaffte er das nicht. Als auch die nachfolgenden Könige vom Erzstift Mainz Geld liehen und dafür das Zollrecht verpfändeten, gelangte die Zollstätte faktisch auf Dauer in den Besitz des Erzstifts Mainz.

Die schmale Fahrrinne des Binger Lochs war ein idealer Ort für eine Zollstation.  Die Burg Ehrenfels und die nahegelegene Burg Klopp, 1282 erstmals erwähnt, sicherten die Erhebung der Zölle. Zudem wurde auf einem Felsen im Rhein der Mautturm, heute als Mäuseturm bekannt, errichtet. Damit war die perfekte Mainzer Zollstelle am Binger Loch geschaffen.

Nach vielen Jahren erwarben die Mainzer auch die ehemaligen Raubritterburgen Sooneck und Reichenstein und bauten sie wieder auf, nachdem Kaiser Karl IV. 1349 das Wiederaufbauverbot für Reichenstein aufgehoben hatte.

Rheinstein und Reichenberg

Etwa 1316/17 begann der Mainzer Kurfürst mit dem Bau der Burg Rheinstein oberhalb von Trechtingshausen, die 1323 erstmals in den historischen Quellen erscheint. Ihre Aufgabe war es, das Wiederaufbauverbot der Ruine Reichenstein zu überwachen.

Zur gleichen Zeit, 1319, errichteten die Grafen von Katzenelnbogen mit Genehmigung der Trierer Burg Reichenberg, jedoch ohne Zustimmung der Mainzer und umliegender Städte.

Sterrenberg und Liebenstein, die „Feindlichen Brüder“

Burg Sterrenberg steht auf der rechten Rheinseite über Kamp-Bornhofen und brachte ihren Herren großen Reichtum. Als der uneheliche Sohn Rudolfs von Habsburg in die Familie einheiratete, wurde Vorburg der Sterrenberg ausgebaut und in „Liebenstein“ umbenannt. 1320 verkauften die Herren der Sterrenburg ihre Burg samt dem Rheinzoll an die Trierer. Nun wurde Sterrenburg gegen Liebenstein befestigt und vermutlich gab es bewaffnete Auseinandersetzungen.

Der Name geht auf eine Sage von zwei Brüdern zurück, doch bald wurden die Burgen selbst so bezeichnet.

Die Zollsperre der Pfalzgrafen bei Kaub

Die Wittelsbacher Pfalzgrafen hatten inzwischen eine starke Stellung am Rhein erlangt, und Ludwig IV., „der Bayer“ wurde sogar König.;

Geschickt erhoben die Pfalzgrafen Zölle bei Kaub, wo der Rhein durch Felsen und Strudel erschwert passierbar war. 1325/26 errichteten sie auf einer Insel im Rhein die Zollstation Pfalzgrafenstein, kurz „Pfalz bei Kaub“. Ursprünglich bestand sie nur aus einem Turm, der später um eine schiffsförmige Ringmauer ergänzt wurde. Mit der nahegelegenen Burg Gutenfels, die stark ausgebaut wurde, kontrollierten die Pfalzgrafen die Durchfahrt und sicherten sich eine profitable Zollsperre.

Astudin, Pfalz bei Kaub und Burg Gutenfels
Astudin, Pfalz bei Kaub und Burg Gutenfels

„Katz“ und „Maus“

1283 waren Braubach und die Marksburg an die Grafen von Katzenelnbogen gekommen. Um 1350-1375 wurde sie umgebaut und im gotischen Stil erweitert, so kennen wir sie heute. Auch Burg Rheinfels wurde um 1360–1370 groß ausgebaut.

Zugleich entstand über St. Goarshausen die Burg Neukatzenelnbogen. Einige Jahre zuvor hatten die Trierer mit dem Bau einer eigenen Burg in unmittelbarer Nähe begonnen, Burg Peterseck über St. Goarshausen-Wellmich. Den amtierenden Grafen von Katzenelnbogen schien das nicht groß zu kümmern. Seine „Katz“ werde sich die „Maus“ schon schnappen, kommentierte er. Schon bald waren diese Namen in aller Mund. Nun konnten die Katzenelnbogener auch von den rheinabwärts fahrenden Schiffen Zoll kassieren, denn an Burg „Katz“ und Burg Rheinfels kam wohl kaum jemand vorbei. „Burg Maus“ wurde freilich sehr schön und diente zwei Trierer Erzbischöfen jener Jahre zeitweise als Residenz.

Godart vom Drachenfels

Fast zum Abschluss des Streifzugs durch die Zeit der Burgen am Rhein treffen wir auf den bekanntesten Burggrafen vom Drachenfels, Godart (1388-1428). Ihn hatten die Steine vom Drachenfels für den Kölner Dom reich gemacht, nicht die Rheinzölle.

Schon zu Godarts Zeit zeichnete sich ab, dass die Zeit der Burgen und Ritter zu Ende ging. Er selbst lebte nicht mehr auf Burg Drachenfels, sondern in einem schönen, warmen Haus in Königswinter. Seine Frau fuhr ab und zu nach Köln, um ein prächtiges Ritterturnier zu erleben. Doch das waren die Turniere, in denen entscheidenden Schlachten des Spätmittelalters unterlagen die Ritter, und gegen die aufkommenden Feuerwaffen und Feldgeschütze konnten sie schon gar nicht bestehen.

Astudin, am Rhein
Ludwig XIV. ließ viele Burgen am Rhein zerstören

Die Kanonen kommen

1689 war ein schlimmes Jahr für das Rheinland. In Europa tobte der Pfälzische Erbfolgekrieg. Nach dem Tod des pfälzischen Kurfürsten hatte Ludwig XIV. von Frankreich das Erbe für seine Schwägerin beansprucht, Elisabeth Charlotte von Orléans, die Schwester des Kurfürsten. In ihrem Sinn war das nicht, und eher ein Vorwand, um seine Machtposition am Rhein auszuweiten. Französische Truppen marschierten in die Pfalz und entlang des Mittelrheins, zerstörten systematisch Burgen, Städte und Dörfer und verwüsteten die Region. Dies geschah nicht nur aus strategischen Gründen, sondern auch, um die Region zu schwächen und ein Aufmarschgebiet für Gegner unmöglich zu machen.

Zu dieser Zeit war der Einsatz von Kanonen bereits weit verbreitet. Die französischen Truppen setzten schwere Artillerie ein, um die Mauern der Burgen zu durchbrechen und sie so unbrauchbar zu machen. Viele der Burgen am Rhein waren auf solche Angriffe nicht vorbereitet und konnten den modernen Waffen nichts entgegensetzen. Damals wurden viele Burgen am Mittelrhein zerstört, unter ihnen der Mäuseturm, Ehrenfels, Sooneck, Stolzenfels, Stahleck, Lahneck, Arenberg, Fürstenberg und Heimberg.

Burgen und Rheinzölle, zum Weiterlesen
Wikipedia-Artikel Rheinzoll

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